So ein kleiner Schisser!

Foto:  mariesacha/Fotolia
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Kürzlich habe ich mit einer Katzenmama über das Problem gesprochen, dass ihre Katze immer die Flucht ergreift, wenn es klingelt, und erst wieder herauskommt, wenn der Besuch weg ist. Kennst Du das auch?

 

Tatsächlich sind viele Katzen richtige „Schisser“, wenn es klingelt. Manche gehen in Deckung und werden nicht mehr gesehen, manche warten eine oder gar mehrere Stunden, bis sich sich wieder heraustrauen, nachdem der Besuch gegangen ist. Andere verstecken sich erst einmal, gucken dann aber, wer hereingekommen ist. Einige lassen sich dann sogar von Besuchern anfassen.

 

Die Katze, die neugierig zur Tür läuft, wenn es klingelt, und Besucher freudig begrüßt, ist vergleichsweise selten.

 

Wie kommt das?

 

Dieses Verhalten ist manchmal ungewollt antrainiert, meistens hat es aber etwas mit dem genetischen Erbe der Katze zu tun. Wie wir wissen, stehen unsere Hauskatzen noch vergleichsweise am Anfang ihrer Domestikation, also Haustierwerdung. Vor allem Nicht-Rassekatzen haben oft noch sehr viele der Wildtier-Instinkte. Eine Katze ist zwar ein Raubtier, sie hat aber aufgrund ihrer geringen Körpergröße selbst einige so genannte Fressfeinde. Es gibt also einige größere Raubtiere oder Beutegreifer, die ihrerseits Jagd auf Katzen machen. Dies können zum Beispiel große Greifvögel sein oder auch Hundeartige wie Wölfe.

 

Katzen legen deshalb von Natur aus eine gewisse Scheu und Vorsicht an den Tag. Wer draußen in der Natur unbedarft auf alles Fremde zugeht, der lebt meist nicht lange. Es ist deshalb eigentlich völlig normal, wenn eine Katze erst einmal in Deckung geht, wenn eine neue Situation entsteht.

 

Macht sie dann einige Male ungute Erfahrungen mit Besuch, wie zum Beispiel laut polternde Handwerker oder auch unangenehm-aufdringliche Katzenfans, lernt sie daraus und macht sich künftig unsichtbar, wenn Besuch kommt.

 

Dass fremde Menschen ins Haus kommen, nachdem es geklingelt hat, lernen Katzen sehr schnell. Die Klingel wird quasi zur Ankündigung dafür, dass gleich die Tür aufgeht und jemand oder etwas hereinkommt, und damit für eine vorsichtige Katze zum Signal, ihr Versteck aufzusuchen.

 

Wie kannst Du Deinem kleinen Schisser helfen?

 

Katzen lernen aus Erfahrungen.  Eine Idee ist es deshalb, eine so genannte Gegenkonditionierung zu versuchen, das heißt, das Klingeln mit einer neuen Erfahrung zu kombinieren, nämlich einer positiven Erfahrung. Der Nachteil bei dieser Strategie ist, dass Du für das Training eine zweite Person brauchst, die Lust und Zeit hat, vor Deiner Tür zu stehen und die Klingel zu bedienen. Überlege, was Deine Katze ganz besonders toll findet. Das könnte ein Leckerli sein oder ein besonders beliebtes Spielzeug.

 

Während Du nun Deine Katze gerade mit Leckerlis verwöhnst oder mit ihrem Lieblingsspiel, klingelt es. Vermutlich wird die kleine Maus erst einmal wie üblich das Weite suchen. Da aber nach dem Klingeln nichts weiter passiert, wird sie sicherlich bald wieder herauskommen. Das Verwöhnprogramm kann dann wiederaufgenommen werden, und nach einigen Sekunden klingelt es dann erneut. Wenn sie wieder herauskommt, startet das Verwöhnprogramm wieder. Wichtig: Beende solch eine Trainingseinheit immer mit einer positiven Erfahrung. Wenn sie also nach dem letzten Klingeln wieder herausgekommen ist, darf sie sich ihre Belohnung abholen und das Training ist für dieses Mal beendet.

 

Dieses Training möglichst mehrere Male am Tag durchgeführt, sorgt dafür, dass das ursprünglich mit dem Klingeln verknüpfte Gefühl von Angst allmählich einem Gefühl von Freude weicht und Deine Katze immer weniger flüchten wird, wenn sie das Klingeln hört, bis sie irgendwann gar nicht mehr durch das Geräusch beunruhigt wird.

 

Wenn Du so eine Gegenkonditionierung nicht durchführen kannst oder möchtest, kannst Du Deiner Katze aber trotzdem helfen, mit Besuch besser klarzukommen. Nach erfolgter Gegenkonditionierung wäre dies Schritt zwei:

 

Verhaltensregeln für Besucher

 

Sorge dafür, dass Deine Katze mit dem Besuch gute Erfahrungen macht und sie Besucher sympathisch findet: Aus Katzensicht ist es sehr aufdringlich und unangenehm, wenn Menschen, vor allem fremde Menschen frontal auf sie zugehen, sie ansprechen, sich womöglich über sie beugen und versuchen, sie anzufassen. Für unsichere Katzen kann dies sogar bedrohlich wirken.

 

Bitte Deinen Besuch, Deine Katze einfach zu ignorieren und ihr nicht in die Augen zu schauen. Wenn man sich vorstellt, man hätte selbst Angst vor Katzen, und sich entsprechend benimmt, passt es. Vielleicht hast Du schon davon gehört, oder sogar selbst beobachtet, dass Katzen gerne zu Menschen hingehen, die nichts mit Katzen zu tun haben möchten, entweder weil sie eine Allergie haben oder weil ihnen Katzen nicht geheuer sind. Man könnte fast meinen, Katzen wollten diese Menschen ärgern. Tatsächlich ist es aber so, dass diese Menschen aus Katzensicht überaus angenehm und höflich sind: Sie ignorieren die Katze, ziehen sich eher zurück und vermeiden direkten Kontakt. So jemand Netten möchte man dann als Katze gerne näher kennenlernen!

 

Ist Deine Katze etwas mutiger, kannst Du Deinem Besuch auch beim Hereinkommen Leckerlis in die Hand drücken, die dann ab und zu geworfen werden können. Aber bitte nicht auf die Katze werfen, sondern von der Katze weg. Beispiel: Katze sitzt rechts vom Besuch vor dem Sofa, Besuch wirft Leckerli nach links. Die Wurfbewegung sollte so klein wie möglich sein, also locker aus dem Handgelenk und nicht mit einer ausladenden Armbewegung – das könnte schon wieder Angst erzeugen. Selbst wenn die Katze nicht direkt hinter dem Leckerli herläuft und es einsammelt, macht sie die wichtige Lernerfahrung, dass der Besuch nicht nur höflich ist, sondern auch noch etwas Schönes mitbringt.

Sicherlich wird niemand aus einem Schisser einen tollkühnen Draufgänger machen, aber mit diesen einfachen Regeln für Besucher hilfst Du Deiner Katze bereits sehr. Manche Katzen überwinden tatsächlich mit der Zeit ihre Unsicherheit und werden deutlich zutraulicher.

 

Wenn Deine Katze panisch auf Besuch reagiert

 

Wenn Deine Katze panisch auf Besuch reagiert und immer in denselben Raum flüchtet, stelle ihr in diesem Raum möglichst alles zur Verfügung, was sie braucht. Also ein Katzenklo, etwas zu fressen und etwas zu trinken, außerdem eine Versteckmöglichkeit und möglichst eine Rückzugsmöglichkeit, die in der Höhe liegt. Denn es ist immer besser, wenn eine unsichere Katze sich in die Höhe zurückzieht, wo sie einen viel besseren Überblick hat als beispielsweise unter dem Bett.

 

Wenn der Besuch recht laut ist oder mehrere Leute da sind, kannst Du auch die Tür zu diesem Zimmer zumachen, wobei Du sicherstellen solltest, dass auch wirklich niemand in das Zimmer platzt. Vielleicht erscheint es Dir nicht richtig, Deine Katze auch noch einzusperren. Sie kann nun aber während der nächsten Besuche die Erfahrung machen, dass sie einen sichereren Ort hat, an dem ihr nichts passieren kann und der auch respektiert wird.

 

Ist der Besuch wieder weg, kannst Du die Tür zu diesem Zimmer wieder aufmachen und ihr auch gerne sagen, dass sie das super gemacht hat und Du stolz auf sie bist. Ich bin überzeugt, dass Katzen sehr viel verstehen, wenn wir mit ihnen sprechen. Vielleicht versteht sie nicht alles wörtlich, aber sie wird die Gefühlsschwingungen registrieren.

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