Von Katja Henopp
Als Tierheilpraktikerin und auch als Besitzerin einer 19jährigen Katze komme ich häufig in Kontakt mit dem Thema „Schmerz“; aber auch in meiner Tätigkeit als Katzenpsychologin bin ich schon so mancher Fellnase begegnet, die deshalb auffiel, weil sie plötzlich aggressiv oder ängstlich wurde, immer schlief oder nie spielen wollte, in Wirklichkeit aber ein massives Schmerzproblem hatte.
Viel zu schnell schieben Katzenhalter solche Verhaltensweisen entweder auf das Alter oder auf die Persönlichkeit der Katze: „ Die spinnt, ist bösartig,…“, „Die hat schon immer viel geschlafen!“ oder „Die hat noch nie gern gespielt!“
Dabei leiden, laut Verhaltenstierärztin Sabine Schroll, rund 80 % unserer Hauskatzen über 12 Jahren unter chronischen Schmerzen. Es lohnt sich also, genau hinzuschauen bei unseren Samtpfoten, ihre Mimik, ihre Körperhaltung und ihr Verhalten genauestens zu studieren und diese per Foto und Video auch zu dokumentieren, um etwaige Veränderungen feststellen zu können.
Aber woran erkenne ich, ob meine Katze tatsächlich unter Schmerzen leidet?
Schmerzmerkmale bei Katzen
Mimik:
– Die Ohren sind nicht nach vorne gerichtet, sondern stehen nahezu waagerecht vom Kopf ab.
– Die Stirnhaare liegen nicht glatt an, sondern stehen wild in alle Richtungen – auch nachdem man sie glattgestreichelt hat, richten sie sich wieder auf.
– Die Mundpartie (ich sage gerne: die „Nadelkissen“)wird nach hinten gezogen, die Oberlippe erscheint schmaler.
Körperhaltung:
Katzen, die unter Schmerzen leiden oder denen übel ist, nehmen oft eine „Kauerstellung“ ein (s. Foto oben) oder schlagen die Beine unter den Körper.
Ist ein Gelenk entzündet (Arthritis), liegen die betroffenen Tiere oft auf der schmerzhaften Seite zum Schutz des Gelenks; die Körperhaltung wirkt angespannt, das Rückenfell steht vom Körper ab.
Verhalten bei Schmerzen
Das Verhalten einer Katze, die mal mehr, mal weniger unter Schmerzen leidet, je nach Zeit (tagsüber/nachts), Gemütszustand (freudige Aufregung/Langeweile), Situation (in Gesellschaft/alleine), Motivations- (Futter- und Spielzeiten) und Wetterlage (nass-kalt/warm), variiert unter Umständen enorm. Dieser Umstand und die Tatsache, dass Katzen Meister im Verbergen von Schmerzen sind, erfordert von uns Menschen eine ganz genaue Beobachtungsgabe.
Als Katzenhalter*in fällt einem vielleicht auf, dass die Fellnase plötzlich zögert, wenn sie auf einen ihr bekannten erhöhten Platz springt. Möglicherweise sucht sie sich neue Ruheorte, die leichter zu erreichen sind. Dann sollten Sie an eine schmerzhafte Einschränkung im Bewegungsapparat denken, zum Beispiel an Arthrose oder Spondylose.
Die sonst so sanfte Samtpfote entwickelt „Launen“, lässt sich nicht mehr so gerne anfassen, faucht, kratzt oder beißt unverhofft. Das kann den Menschen betreffen, aber auch eine Mitkatze im Haushalt oder eine Nachbarskatze.
Manche Katzen suchen vermehrt die Nähe ihres vertrauten Menschen, gerade dann, wenn die Beziehung zu diesem schon vorher sehr eng war. Man hört sie förmlich miauen: „Hilf mir, dir vertraue ich!“
Oder das Gegenteil geschieht: Der Wirbelwind von einst zieht sich immer mehr zurück und verschläft fast den ganzen Tag. Genau dieses Verhalten tritt häufig ein und wird in der Regel übersehen – erstens ist die Miez „schon“ 12 Jahre alt und zweitens ist es doch normal, wenn Katzen so lange schlafen…oder!? – Nein, das ist es eben nicht und sollte Ihnen in Zukunft ein Warnsignal sein.
Die Katze verändert ihr Putzverhalten; in der Regel wird dieses massiv eingeschränkt; auch das Gegenteil kann der Fall sein – die Katze fühlt sich unwohl, eventuell gestresst und hört gar nicht mehr auf, ihr Fell, vor allem an Pfoten oder Arminnenseiten, zu schlecken. Sie tut dies, um sich selbst zu beruhigen und Stress abzubauen.
Auch ein leichtes Schlagen mit dem Schwanz kann ein Schmerzsymptom sein und nicht unbedingt (nur) ein Beleg für die Erregtheit einer Katze.
Ihre Fellnase wechselt nicht mehr alle 30 – 60 Minuten ihre Ruheposition, träumt nicht (erkennbar an zuckenden Barthaaren und Pfötchen), sondern liegt stundenlang eher angespannt in der gleichen Körperhaltung? Dieser keineswegs erholsame „Fakeschlaf“ ist ebenfalls ein wichtiges Indiz für das Vorhandensein von Schmerzen.
Pinkeln Stubentiger in die Badewanne oder auf andere glatte Flächen, obwohl die Katzentoiletten jedes Katzenherz höher schlagen lassen, könnte es auch hierbei an einem Schmerzproblem liegen – gekoppelt mit anderen Stressoren, also Stressfaktoren.
Ein großes Problem von unerkanntem Schmerz – gerade bei ängstlichen oder alten Katzen – sehe ich in der zunehmenden Verunsicherung oder gar Angst, die damit für die Miezen einhergeht, was unweigerlich zu massivem Stress bei den Tieren führt. Erfolgt keine sinnvolle Behandlung oder Schmerztherapie, haben wir es nach einer Zeit mit chronischem Stress zu tun, der sich dann in einem Organsystem manifestiert; bei introvertierten Katzen betrifft dies häufig die Blase, den Darm und/oder die Haut. Und wer kennt sie nicht, die stressbedingte Krankheit Nummer 1 bei Katzen: die idiopathische Zystitis, also eine Blasenentzündung ohne erkennbare Ursache.
Meine Empfehlung
Achten Sie genau auf die Sprache Ihrer Katzen: Beobachten Sie ihre Mimik, ihre Ruhepositionen und ihr Verhalten, vergleichen Sie Fotos oder Videos aus vergangenen Wochen/Monaten/Jahren mit heutigen und suchen Sie bei Schmerzverdacht Hilfe bei fachlich qualifizierten Personen (Tierärzte, Tierheilpraktiker, Katzenpsychologen), denen Sie vertrauen.
Ich bin Katja Henopp,Tierheilpraktikerin und Katzenpsychologin (ATN) im Saarland, und führe seit 2014 eine mobile Tierheilpraxis, deren Patienten ausschließlich kätzischer Art sind.
Mein Herzensbedürfnis ist es, Menschen die Welt aus Katzensicht näher zu bringen und sie für deren Bedürfnisse zu sensibilisieren, damit Mensch und Katzen in Harmonie miteinander leben können.
Neben meiner beratenden und therapeutischen Tätigkeit verfasse ich regelmäßig Artikel für meinen „Fellnasenblog“, halte Vorträge und gebe Seminare sowie Onlinekurse.
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